STADT LAND KIND

Ein Live-Audio-Walk durch Gadernheim von willems&kiderlen als Abschluss der FLUX Residenz im Lautertal.

Das Projekt STADT LAND KIND ist eine künstlerische Untersuchung über städtische Zuschreibungen zu Kindheit auf dem Lande im Kontrast zur Kindheit in der Stadt im Rahmen des FLUX Artists in Residence-Programms. Kindheit ist nicht gegeben, sondern wird gemacht. Besonders unterscheiden sich dabei die Bilder und Erzählungen von Kindheiten in Bezug auf die beiden unterschiedlichen Lebensräume: die Stadt und das Land. Um beide Räume kreisen gesellschaftliche Vorbilder und Erzählungen, in denen sich die Wünsche, Ängste und Erfahrungen der jeweiligen Bevölkerungsgruppe spiegeln. So gibt es Kindheitsbilder, die sich spezifisch auf die beiden Lebensräume beziehen: Kindheit auf dem Land als romantisch verklärtes Bild, die Stadt als nicht kindgerechter, gefährlicher Raum, das Stadtkind als weltoffenes, gebildetes Kind, das Landkind als provinziell und einfach, das Landkind als Naturkind, das Stadtkind als von der Natur entfremdetes Kind usw. In STADT LAND KIND sind wir diesen Vorbildern und Zuschreibungen auf den Grund gegangen und haben versucht, die Grenze zwischen Stadt- und Land-Kindheit auszuloten und die Zuschreibungen zusammen mit Kindern in Form einer Stadt(Land)raum-Inszenierung auf die Probe zu stellen.

In dem Maße in dem bei Erwachsenen das Gefühl der Verstädterung und die damit einhergehende globalisierte und vernetzte Lebenskomplexität zunimmt, wächst auch die Sehnsucht nach einem heilen Land. Dort gibt es anscheinend noch die heile Kindheit. Was ist dran an der viel gepriesenen Landkindheit, ihrer Romantisierung, aber auch ihren Chancen? Wie wachsen Kinder auf dem Land auf? Wie eignen sie sich den von Erwachsenen definierten Raum zwischen Schule, Freizeitangeboten, Maisfeldern, Pendelverkehr und Streifraum an? Wie interpretieren sie ihren Raum? Wir haben einerseits die kundigen Meinungen vom Heubauern, über den Schulleiter und einen Kindheitsforscher bis hin zur Pfarrerin vor Ort gesammelt und andererseits zahlreiche Streifzüge mit den Kindern durch das Land unternommen. STADT LAND KIND ist ein Live-Audio-Walk durch Gadernheim von und mit sieben Kindern, in dem sich das Publikum auf die Spuren ihrer Alltagswege, ihrer Imaginationsräume und ihrer geheimen Orten begibt.



Konzeption & Regie: willems&kiderlen. Mitarbeit & Produktionsassistenz: Ines Wuttke. Von und mit: Hannah Rettig, Amy Knapp, Julia Mader, Saskia-Marie Scheuermann, Philipp Kriegbaum, Leon Gärtner, Hannah Lieberknecht. In Kooperation mit der Mittelpunktschule Gadernheim & der Gemeinde Lautertal. Im Rahmen von FLUX / gefördert durch FLUX & “Tanz und Theater machen stark”.









–>   Skript mit Originaltönen zu STADT LAND KIND

AULA

(Technikausgabe/Techniktest von KIM & MERET. Wenn sie fertig sind, bekommt JULIA ein Zeichen von MERET.)

(JULIA kommt rein und stellt sich auf den Tisch in der Mitte.)

JULIA: Willkommen zu STADT LAND KIND! Schön, dass Sie gekommen sind! Wir machen erst mal einen Soundcheck. Wenn Sie mich gut hören, halten Sie ihren Daumen bitte hoch. (Warten, wer den Daumen hochhält.) Wenn Sie mich nicht hören, gehen Sie bitte zu unseren Assistenten Kim und Meret, die sich jetzt einmal kurz für Sie melden. Falls etwas ist, sprechen Sie sie an. (Warten, bis KIM und MERET sich melden und eventuelle Probleme gelöst werden.) An Ihren Kopfhörern können Sie auch selbst die Lautstärke einstellen. Ich zähle jetzt bis 20. Wenn Sie mich gut hören, halten Sie bitte ihren Daumen hoch. (JULIA zählt, bis alle Daumen oben sind.) Dann können wir ja los. Ab jetzt nehmen Sie Ihre Kopfhörer bitte nicht mehr ab, sonst erleben Sie kein Theaterstück.

(JULIA beschreibt den Weg zur Tischtennisplatte. Dann stellt sie sich auf die Tischtennisplatte in Innenhof.)

JULIA: Bitte drehen Sie sich so, dass Sie einen guten Blick auf die bewaldeten Hügel haben. Auf die Schule hier gehen über 600 Schulkinder. Die kommen aus Gadernheim, aus Kolmbach, aus Lautern, aus Reichenbach und von überall vor und hinter diesen Hügeln. Und ich komme sogar aus Fürth. Da wo die Fürther Weschnitz fließt, aber dazu später. Der Schulleiter Herr Zeiss war früher Schulleiter in einer Grundschule in Frankfurt. Er meint, es gibt Unterschiede zwischen den Kindern auf dem Land und denen in der Stadt. Aber worin bestehen die? Wir fragen uns: Was heißt es auf dem Land groß zu werden? Und welche Vorstellungen gibt es davon? Heute zeigen wir Ihnen was früher war, was heute ist und was wir daraus machen. Und wir zeigen Ihnen die geheimen Orte, die Sie noch nie gesehen haben und wie alles zusammenhängt …

JULIA: Herr Zeiss sagt auch: der Hauptunterschied zur Stadt ist, dass wir hier auf dem Land mehr Platz haben! Um die Schule drumherum sind Wiesen, Felder und Wald. Und in der Stadt ist es enger. Da gibt es wenige Schulen, die soviel Platz haben wie wir. Und er sagt, dass in Frankfurt die Kinder fast alle zu Fuß zur Schule gehen können. Bei uns kommen ja viele Kinder mit dem Bus zur Schule. Die Verkehrsanbindungen sind viel schlechter hier, auch wenn man einen Ausflug machen möchte … Und wir möchten ja heute einen Ausflug machen! Aber bei uns gibt es heute kein Auto, kein Bus, wir laufen alle und zwar ein richtiges Stück! Machen Sie sich auf einen ganz schönen Fußmarsch gefasst. Wer nicht mehr kann, wendet sich bitte an Ines. Bitte, Ines, melde Dich mal! (Warten, bis sich INES meldet.)

JULIA: Ich bin übrigens Julia. Und das hier ist Hannah! (HANNAH meldet sich.) Von Hannahs Großeltern haben wir erfahren, dass sie als Kind gar kein Auto hatten und überall zu Fuß hin mussten. Aber das ist wohl nicht das einzige, was sich seit ihrer Kindheit verändert hat. Aber auch dazu später mehr … Sehen Sie rechts den Basketballkorb? Bitte gehen Sie darauf zu. Wer von Ihnen erreicht mit der Hand den Korb?

MIKROWECHSEL (>AMY)

WEG VOM SCHULHOF ZUM WALD

AMY (am Basketballkorb): Hi! Ich bin Amy. Ich komm nicht an den Basketballkorb. Ich gehöre zu den Kleinen hier auf der Schule. Meine Klasse ist im Grundschultrakt. (AMY beschreibt, wo die Grundschule und wo die Mittelstufe liegen.) Während der Pausen sind alle Schüler auf dem Hof. Aber auf den Basketballplatz dürfen nicht alle drauf. Also dürfen schon, aber das machen nicht alle. Hier spielen nur die Älteren, also die Achtklässler oder so. Die ersten Klassen sind hier zum Beispiel nie. Ich bin in der 3. Klasse und wir spielen immer da unten. Da gibt es noch einen anderen, kleineren Spielplatz für uns. Da gehen wir jetzt hin. Sehen Sie die Rutsche da vorne? Wer sich von Ihnen traut, kann rutschen, alle anderen nehmen den Weg neben dran. Bleiben Sie da unten an dem Baum zwischen Rutsche und Weg stehen.

AMY (am Baum/Spielplatz): Sehen Sie die Schaukel, an der gab es immer Streit. Aber wir haben uns ein System überlegt, dass man immer die Stoppuhr stellt und dann darf jemand anders schaukeln. Das hat erst gut funktioniert. Aber dann hat niemand die Uhr immer extra abholen wollen. Und jetzt gibt es doch wieder Streit. Sehen Sie da unten die kleine Brücke am Waldrand? Da gehen wir jetzt hin über die Wiese. Die Großeltern von Hannah haben uns auch erzählt, dass ihre Schule viel kleiner war.

EINSPIELER – 🎧 FAMILIE RETTIG VON FRÜHER

AMY (an der Brücke): Unsere Schule hat ja keinen Zaun drumherum und wir dürfen auch hier überall spielen, wo die Lehrer uns sehen. Aber hier ist die Grenze. Auch wenn das nirgendwo steht. Hier darf man nicht weiter, denn hier fängt der Wald an und da darf man nur in Begleitung von Erwachsenen rein. Aber jetzt sind Sie ja dabei. Dann geht das. Bitte gehen Sie den Fußweg hoch. Da laufen wir am besten hintereinander, weil er so eng ist. Am Ende bleiben Sie bitte mal stehen. Der Kindheitsforscher Dr. Gerold Scholz sagt:

EINSPIELER – 🎧 DR. GEROLD SCHOLZ 1

AMY: Hier können Sie sich auf die kleine Rasenfläche stellen. Von da können Sie gut auf die Schule schauen. Sehen Sie da hinten die Laterne, da ist ein großer Baum. Daneben stehen so große Müllcontainer. Das ist unser Kletterbaum. Da dürfen wir drauf klettern. Natürlich nicht bis in die Baumkronen. Das macht voll Spaß. Und apropos Mülltonne: Hier an der Schule gibt es auch alle möglichen Dienste: den Mülldienst, den Regaldienst, den Listendienst ... Ich würde auch gern mal den Kehrdienst machen, aber das geht nie, weil ich immer rechtzeitig den Bus bekommen muss. (AMY beschreibt den Weg zum Grünen Häuschen.)

AMY (am Grünen Häuschen): Es gibt eine Studie zu Kindheit auf dem Land, da wurde unter anderem darüber geforscht, wie wir aufwachsen und wie wir spielen. Die Wissenschaftler haben herausgefunden, dass es früher viel mehr sogenannte Streifräume gab. Also Räume, in denen wir unbeaufsichtigt ohne Eltern etwas gespielt haben, wovon die Eltern nichts wussten. Hier ein paar Zahlen:

EINSPIELER – 🎧 STUDIE 1

AMY (bei den Steinen): Einige Kinder aus unserer Theatergruppe finden diese Steine gruselig. Die passen hier irgendwie nicht her. Sie sehen aus wie aus einer anderen Zeit. Ich finde aber vielmehr den Wald unheimlich! Wenn ich hier alleine lang laufen würde, würde ich mich schon fürchten ... Schon die Geräusche ... Ich hab dann manchmal Angst, dass eines der unsichtbaren Tiere kommt... (AMY erschrickt sich kurz und schaut nach hinten.) Bleiben Sie mal hier stehen. Ich streife jetzt durch den Streifraum, der jetzt aber unter Ihrer Beobachtung steht.

TON: MUSIK "ARTHUR" auf den Ohren

(Die Kinder klettern den Rutschberg hoch. Oben angekommen, stellen sie sich in ein Standbild (z.B. zuprosten, wie bei einer Feier) und es läuft noch ein paar Sekunden Musik. Dann Musik stopp.)

Die Kinder machen das Toast-Spiel auf dem Berg und stoßen an, jede*r fünfmal:
Auf den Wald der
– Steinlawinen
– Wildschweine
– umfallenden Bäume
– tollwütigen Tiere
– glitschigen Käfer
– giftigen Schlangen
– gebrochenen Arme und Beine
– unheimlichen Geräusche
– Dunkelheit

TON: MUSIK an

(Alle Kinder klettern am Seil wieder runter, bis sie unten beim Publikum sind.)

MIKROWECHSEL (>PHILIPP)

TON: MUSIK aus

WEG ZUM SPIELPLATZ

PHILIPP: Hi! Ich bin Philipp. Alle, die mich hören, halten den Daumen hoch. (Wenn jemand nicht den Daumen hochhält: Kim, könntest Du bitte kurz helfen? So, jetzt zähl ich nochmal bis 20 und Sie halten den Daumen hoch, wenn Sie mich hören.) Wir gehen jetzt eine Abkürzung …

TON: MUSIK "OPI URA" an

(PHILIPP beschreibt den Weg bis zur Brücke mit Abkürzung.)

PHILIPP (ab Brücke): Wir gehen links an dem Baum mit den geheimnisvollen Früchten vorbei. Wenn man die auf den Boden wirft, wächst dort augenblicklich ein neuer Baum. Allerdings wirkt das nur im Herbst. Was aber immer klappt: wenn man die isst, wird man so stark wie ein Baum! Und dort sehen Sie ein Häuschen und einen Garten. Im Häuschen sind Werkzeuge und Pflanzensamen drin. Dahinter ist der Schulgarten. Das steht sogar auf dem Tor drauf. Hier lernen die dritten Klassen, was es für verschiedene Pflanzen gibt. Die Beete gehören einzelnen Schulklassen. Das hier ist mein Beet. Da gibt es Kürbis und Kartoffeln. Wenn wir die ernten, könnten wir daraus eine eigene Suppe machen! Allerdings mag ich keine Kürbissuppe. Ich esse eigentlich nur Kochkäseschnitzel. Nun gehen wir zu diesem Baumstumpf da.

(PHILIPP beschreibt den Weg zum Baum mit Fels.)

PHILIPP: Wir haben Kinder aus Frankfurt interviewt, die auf die frühere Schule von Herrn Zeiss gegangen sind. Wir haben sie gefragt, wie sie sich eine Kindheit auf dem Land vorstellen. Einer hat gemeint, dass er gehört hat, dass wir auf dem Land gaaaaanz schlechtes Internet haben ... Und dass wir die ganze Zeit in der Natur sind und so ...

EINSPIELER – 🎧 EMIL ÜBER LANDSPIEL

PHILIPP (beim Baum): Aber die Wissenschaftler sagen was anderes als der Junge ...

EINSPIELER – 🎧 STUDIE 2

PHILIPP: Also ich guck circa 2 Stunden Fernsehen am Tag. Finden Sie das viel? Am liebsten spiele ich aber in meinem Geheimversteck. Das ist mein Baumhaus hinten im Garten. Mein Opa hat es mir gebaut. Zur Einweihung haben wir dort mit meiner Oma und meiner Schwester Mittag gegessen. Sehen Sie den Spielplatz, da laufen wir jetzt hin. Da kommen Sie an einen Fluss, bitte bleiben Sie da stehen.

EINSPIELER – 🎧 DR. GEROLD SCHOLZ 2

PHILIPP (beschreibt den Weg über den Fluss): Wer sich nicht sicher fühlt, geht am besten hier beim Baum über den Fluss.

PHLIPP (auf dem Spielplatz): Auf den Spielplatz geh ich selten, manchmal um Hausaufgaben zu machen, wenn ich in der Betreuung nach der Schule bin. Da wo jetzt nichts steht auf der Wiese, nur so gelber Rasen, da war mal ein Karussell. Das wurde aber abgebaut vor kurzem. Da konnte man sich ganz schnell drehen. Aber mir wird auf dem Karussell immer schlecht. Eine Wiese finde ich sowieso besser. Auf dem Klettergerüst kann man einen Kletterwettbewerb machen. Dann gibt es noch ein Häuschen da hinten. Da klettere ich manchmal aufs Dach. Und wenn ich nachdenken will, dann setz ich mich auf die Schaukel. Bitte gehen Sie jetzt einmal dahin und schaukeln Sie eine Runde und denken nach.

MIKROWECHSEL (> AMY)

AUF DEM SPIELPLATZ

AMY (wenn alle auf Schaukeln sitzen oder darum herum stehen): Stellen Sie sich vor, Ihr Körper schrumpft. Ihre Hände werden wieder kleiner. Stellen Sie sich vor, Sie hätten ganz kleine Füße. Ganz kurze Beine. Stellen Sie sich vor, Ihr Gehirn schrumpft. Und Ihre Haare fallen aus. Stellen Sie sich vor, Sie werden nicht mehr gesiezt. (Pause) Stellt euch vor, ihr habt Windeln an und ganz bunte Klamotten. Und ihr habt noch Milchzähne. Alle Sachen um euch herum werden größer. Ihr kommt nicht mehr an die Keksdose ran! Stellt euch vor, ihr seht alles als Spiel! Jeden Baum, den ihr seht, wollt ihr gleich hochklettern. Jeden Zaun, den ihr seht, versteht ihr als Kletterspaß und nicht als Abgrenzung.

AMY: Du mit dem ..., komm mal mit zum Klettergerüst.

JULIA kommt zu einer Person aus dem Publikum und führt sie*ihn zum Klettergerüst. Fängt ungefragt an, das Klatschspiel mit ihr*ihm zu spielen.

AMY: Jetzt geben Sie ihr eine Backpfeife. (Wenn ein*e Zuschauer*in das macht, verlässt Julia empört das Klettergerüst.) Also, wirklich. Ich hab dir schon hundertmal gesagt, dass du nicht immer so fest zuschlagen sollst! Ich wasche für euch, ich gehe einkaufen und ich gehe auch noch auf den Spielplatz mit euch, und dann auch noch das!

(HANNAH kommt zu dem*der Zuschauer*in und führt sie zur Rutsche.)

AMY: Komm mal langsam vom Klettergerüst runter. Ich hab dir gesagt, so darfst du dich nicht verhalten. Versprichst du mir, niemanden mehr zu schlagen? Komm, wir gehen mal zur Rutsche. Komm! Genau, schön langsam.

AMY (bei der Rutsche): Ja, trau dich ruhig. Kletter mal hoch. Super. Genau, ein Bein vor das andere.

(AMY und HANNAH lotsen den*die Zuschauer*in zum Sandkasten. HANNAH klopft die Person ab, stellt sie anders hin, schüttelt den Kopf.)

AMY: Mensch, bist du wieder dreckig. Jetzt reicht’s. Wir gehen nach Hause.

(HANNAH zieht den*die Zuschauer*in den Hügel zu den anderen hoch.)

AMY (schüttelt dem*der Zuschauer*in die Hand): Wie heißt du? Vielen Dank fürs Mitmachen! Ein Applaus für ...

MIKROWECHESEL (> HANNAH)

WEG ZUM CD-BAUM-HAUS

(HANNAH beschreibt den Weg auf die Straße – durch den Geheimgang unter dem Spielplatz.)

HANNAH: Jetzt seid ihr also Kinder und lauft wie Kinder durch Gadernheim. Dafür müsst ihr einiges lernen. Zum Beispiel, dass man immer durch Geheimwege geht. Bitte lauft in einer Reihe hinter mir her und macht mir alles nach.

TON: MUSIK "SLITTE SKO" an

(HANNAH läuft Richtung CD-Baum-Haus.)

TON: MUSIK fade out (ab dem Haus mit den Drachen)

HANNAH: Hier wohnt Stella aus meiner Parallelklasse. Ihr Vater ist Sänger. Der tritt auf richtig großen Bühnen auf!
TON: MUSIK VOM SÄNGER an

HANNAH: Und hier in dem Haus hat früher einer aus meiner Klasse gewohnt, aber die sind weggezogen. Oh, und hier in dem Haus wohnt ein Junge, der heimlich raucht. Die Zigaretten klaut er seiner Mutter und geht dann hoch zum Friedhof, um zu paffen. Ich kenn den ... Hier hier in dem Haus hat mal ein Arzt gewohnt, aber jetzt wohnen hier ganz normale Leute. Und da unterm Dach macht übrigens gerade ein junger Mann seiner Freundin einen Heiratsantrag ... Bitte alle applaudieren!

APPLAUS

HANNAH: Hier wohnen reiche Leute, die haben versucht den König zu überreden, ihnen für 1300 Millionen sein Land zu geben. Dass sie reich sind erkennt man daran, dass sie einen elektrischen Rasenmäher haben, viele Sonnenbrillen, eine wunderschöne Küche, ein großes Grundstück, einen riesen, riesen, riesen großen Spiegel im Bad, ganz viele Bäume, ganz viele Blumensträuße und Fenster, ein automatisches Garagentor und dass sie mehrere Handys gleichzeitig kaufen können.

HANNAH: Aufpassen! Hier kommt der Geheimweg. Hinter der Hecke rechts und über das kleine Flüßchen. Auf der Brücke bleibt bitte einmal stehen. Schließt die Augen. Riecht den Duft des frischen Wassers. Genießt die Luft. (10 Sekunden Pause.)

EINSPIELER – 🎧 DR. GEROLD SCHOLZ 3

HANNAH: Bitte öffnet eure Augen. (HANNAH beschreibt den Weg bis vor den CD-Baum.) Hier sind plötzlich so verlassene Häuser überall. Was mag hier nur passiert sein, dass sie alle leer stehen? Vielleicht war es so ...

(HANNAH bleibt bei den Zuschauer*innen stehen. PHILIPP stellt sich auf. HANNAH erzählt die Geschichte “Die große Flut”. Am Ende schwimmen sie weg, HANNAH versteckt sich hinten und PHILIPP setzt sich auf die Treppe.)

MIKROWECHSEL (> PHILIPP)

PHILIPP (noch nicht zu sehen): Oder die Häuser sehen nur verlassen aus, aber, die sind gar nicht verlassen ... Bitte stellt euch zum Zigarettenautomaten.

(AMY und PHILIPP stellen sich auf, PHILIPP erzählt die Geschichte “Der CD- Flüsterer”.)

PHILIPP: Fast erwischte der CD-Flüsterer das junge Mädchen, aber dann ... (PHILIPP bekommt einen Hexenschuss.) Er schleppte sich nach hause und ging schlafen.

PHILIPP (flüstert): Und ich glaube, er schläft immer noch. Also besser wecken wir ihn nicht auf. Machen wir uns besser aus dem Staub ... Bitte geht mal ganz leise die Straße hoch.

WEG ZUM ERBACHER HOF

(PHILIPP beschreibt den Weg hoch zum Erbacher Hof.)

PHILIPP: Ich liebe erben. Nur leider muss immer jemand dafür sterben. (PHILIPP erzählt die Geschichte "Das Erb-Fest".)

EINSPIELER – 🎧 DIPL. ING. HORST PFEIFER 1

PHILIPP (sobald man die Sparkasse sieht): Seht ihr die Sparkasse? Da gehen wir jetzt hin. Hier könnt ihr Geld drauf tun, wenn ihr sparen wollt oder wenn ihr investiert.

EINSPIELER – 🎧 DR. GEROLD SCHOLZ 4

EINGANG ERBACHER HOF

TON: MUSIK "JUVINAL"

(DIE KINDER tanzen Choreografie im Eingang des Hofes.)

PHILIPP: Bitte bleibt hier stehen und zählt alle zusammen laut bis zwanzig. Dann geht weiter auf den Hof.

ZUM ERBACHER HOF, GARAGE

(PHILIPP geht zu JULIA, die auf dem Stuhl in der Garage sitzt und eine Limonade trinkt.)

MIKROWECHSEL (> JULIA)

(Wenn Zuschauer*innen kommen, macht JULIA die Garagentür auf.)

JULIA: Stellt euch vor, hier ist ein langer, langer Strand. Stellt euch vor, ihr hört Möwen schreien. Das Rauschen der Wellen. Ihr schmeckt die salzige Luft und seht das Wasser an die Felsen schäumen. Der Besitzer des Erbacher Hofs kommt aus Ungarn und er liebte das Reisen. Als junger Mann war er Chefkoch in einem Restaurant am Schwarzen Meer ... Es war ein riesiger Saal, in dem die Gäste vom Kaffee bis zum Abendessen alles bekamen.

(ALLE verteilen Getränke.)

JULIA: Eines Tages erzählte ein Arbeitskollege ihm, dass hier in Gadernheim ein Gasthaus leer steht. So kam er nach Gadernheim, gerade dahin, wo die Fürther Weschnitz entspringt und die fließt ja bekanntlich ins Schwarze Meer ... Kommt mit, ich zeig sie euch! Die Getränke könnt ihr mitnehmen. Seht ihr diese kleine Treppe dort? Da gehen wir jetzt hoch. Folgt mir. Passt mit dem Kopf auf.

AM POOL

(DIE ANDEREN sind schon im Pool und machen Schwimmbewegungen im Trocknen.)

JULIA (im Pool): Wo ihr jetzt steht, war einst vor langer Zeit die Quelle der Fürther Weschnitz. Die Quelle ist versiegt. Stellt euch vor, das Wasser ist fort. Ausgetrocknete Flüsse, weite Wüsten, ganz Gadernheim ist ausgetrocknet. Die Erde hat keine Flüssigkeit mehr. Nichts wächst mehr. Alle Bäume sind fort. Das Felsenmeer steht noch, doch darunter hören wir kein Wasser mehr. Aber dann habe ich mich ans Sommerlager erinnert, wo wir jedes Jahr wieder dieses Lied singen, was uns vielleicht helfen könnte ...

ALLE: Der schönste Fluß, das ist die Fürther Weschnitz. Denn sie rauscht so silbern durch die Nacht! Fürther Weschnitz-Melodie: Wer sie hört vergisst sie nie, die kleine Fürther Weschnitzmelodie! An der Fürther Weschnitz, ja da liegt mein Heimatland. 2,3,4! Schon als kleines Mädchen hab ich dieses Land gekannt. Die Schiffer sie sangen, Gitarren erklangen, ein Lied für die Babys, vom Bumme bis zum Loch. Hey! Von dem Gänsebuckel, bis zum groaße Scheppel, vun dem Stausee, bis noach Stoamoch naus klingt ein Lied durch die Nacht, und die Sterne sind erwacht: die kleine Fürther Weschnitz-Melodie. die kleine Fürther Weschnitz-Melodie.

(ALLE im Freeze.)

TON: Wasser sprudelt

JULIA: Hier am Ufer machen wir jetzt eine kurze Rast von 10 Minuten. Auf der Wiese könnt ihr was Kleines essen und Gibor kennenlernen. Toiletten sind unten ausgeschildert. Die Kopfhörer könnt ihr abziehen.



PAUSE VON 15 MINUTEN



PHILIPP und HANNAH (holen jeweils eine Gruppe flüsternd zu sich): Kommt mal mit. Ich zeig euch was.

(PHILIPP erzählt die Geschichte “Ketten-Spinne”.)

WEG ZUR KIRCHE

(JULIA beschreibt den Weg zur Straße.)

JULIA (vor dem Hufschmied-Haus): Schließt mal die Augen. Was hört ihr? (Beschreibung der Geräusche.) Was hat man hier gehört, als es noch keine Autos gab? Hinter uns war das Haus vom Hufschmied. (JULIA beschreibt, was man da gehört hat.) Und was hört man hier wohl in 100 Jahren für Geräusche?

WEG ZUM SECOND-HAND-LADEN

JULIA: Hier ist der Laden von Saskia aus unserer Theatergruppe, die heute nicht da sein kann. Sie meinte, dass es manchmal vorkommt, dass Sachen hier nicht so schnell verkauft werden. Dann räumt ihr Vater andere Sachen ins Schaufenster. Hier rechts neben der Tür stand lange ein Barbiehaus, da, wo jetzt die Küche steht. Eines Tages kam eine Frau und kaufte es für ihre Kinder. Bitte melden sich mal alle, die irgendwann mal von einem Barbiehaus geträumt haben ...

EINSPIELER – 🎧 FAMILIE RETTIG ÜBER SPIELSACHEN

JULIA: So, Hannah möchte ja kein Barbiehaus haben, deswegen bekommt sie jetzt das Mikro.

(HANNAH beschreibt den Weg zur Kirche.)

BEI DER KIRCHE

EINSPIELER – 🎧 GOTT-RÄTSEL

FRIEDHOF

(ALLE außer HANNAH pirschen durch den Friedhof.)

EINSPIELER – 🎧 DIE FRIEDHOFSORDNUNG

(HANNAH beschreibt den Weg bis unterm Baum vorbei über den Friedhof.)

EINSPIELER – 🎧 IM HIMMEL

(HANNAH beschreibt ihre Lieblingsgräber – die mit dem Zahn, Motorrad …)

WEG ZUM SPORTPLATZ

(JULIA beschreibt den Weg zum Sportplatz.)

JULIA: Während wir hier geprobt haben, fuhren auf der Straße oben immer wieder Traktoren vorbei, da oben ist nämlich der Milchhof von Familie Kriechbaum und der Hof von Heubauer Pfeifer.

EINSPIELER – 🎧 DIPL. ING. HORST PFEIFER 2

AM SPORTPLATZ

EINSPIELER – 🎧 STUDIE 3

JULIA: “Die Kindheit löst sich vom Dorf ab." Dann wollen doch mal schauen, was eine Kindheit auf dem Land heute ausmacht. Wir machen auf jeden Fall schon mal richtig viel!

MUSIK

(DIE KINDER rennen aufs Spielfeld, bis an den hinteren Spielrand, und treten gemeinsam zur Mittelpunktlinie auf.)

CHOREO: ALLTAGSGESTEN auf große Entfernungen.
Jede*r macht ihre*seine Gesten und muss dann immer eine große Entfernung zurücklegen, um zum anderen Ort zu kommen. Sie rennen zwischen ihren Orten hin und her.

EINSPIELER – 🎧 STUDIE 4

(Die Kinder tanzen parallel dazu.)

EINSPIELER – 🎧 DR. GEROLD SCHOLZ 5

EINSPIELER – 🎧 RENNT WEG

(ALLE zeigen schreiend auf das Publikum und laufen nach hinten weg.)

ENDE



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